Als "Natural Radio" wird im englischen Sprachgebrauch der Empfang elektromagnetischer Signale der Erdatmosphäre bezeichnet, die im Audio-Frequenzberich auftreten. Diese Signale werden z.B. als "Sferics" (Knistern und Knacken) und "Whistler" (Pfeiftöne mit absteigender Frequenz) hörbar und entstehen z.B. durch die Interaktion von oft tausenden von Kilometern entfernten Blitzeinschlägen mit der Ionosphäre. Am häufigsten sind Gewitterblitze in Form von Sferics (Knistern und Knacken) zu hören. Durch extremes Verlangsamen der Aufnahme sind diese dann noch viel detailreicher hörbar.
Die benötigten Empfänger sind extrem einfach aufgebaut und bestehen neben einer Antenne im Prinzip nur aus einem Audioverstärker und ggf. einigen Filterstufen zum Reduzieren von Störsignalen wie Hochspannungsleitungen oder VLF-Sendern. Wichtig für guten Empfang (und gar nicht so einfach zu finden) sind Orte mit möglichst wenig "Elektrosmog", d.h. möglichst weit entfernt von Hochspannungsleitungen und Industrieanlagen und Bebauung. In der Wohnung ist der Einsatz dieser Empfänger i.d.R. nicht möglich.
Da meine Versuche (Stand 31.12.2016) bisher nur tagsüber stattfanden, habe ich nur sogenannte "Sferics" aufnehmen können. Ich habe aber vor, demnächst auch Aufnahmen von "Tweeks" und "Whistlern" zu machen. Dies ist allerdings nur nachts in den Stunden kurz vor und nach Sonnenaufgang möglich. Hierfür warte ich auf etwas wärmeres Wetter (zumindest sollte es dann nicht gerade unter 0°C sein).
Aufnahmen
Es folgen einige Audio-Aufnahmen von ersten Versuchen mit verschiedenen Empfängern. Die Aufnahmen vom 22.12.2016 (Nr. 1 bis 9) enthalten ausschließlich Sferics (Knistern und Knacken), die von entfernten Blitzeinschlägen stammen. Bei Originalgeschwindigkeit hört man vorwiegend helle Klicks. Bei verlangsamter Geschwindigkeit sind darüberhinaus mehr Differenzierungen auszumachen – manche Sferics gehen hier frequenzmäßig bis tief in den Bassbereich hinunter, anderen folgt ein Prasseln, das an Silvester-Feuerwerk erinnert.
Bei den hier verlinkten MP3-Dateien handelt es sich um komprimierte Zusammenstellungen, bei denen die Stellen mit den höchsten Aktivitäten zusammengeschnitten wurden. Im Normallfall folgen die Sferics nicht in dieser Häufigkeit aufeinander – zumindest nicht im Winter und zur Mittagszeit. Da die Aufnahmeorte nicht frei von elektrischen Störfeldern waren, wurden die Aufnahmen außerdem mit Hilfe des FFT-Filters von Adobe Audition nachbearbeitet (siehe hierzu auch den Abschnitt "Störfrequenzen").
Mit Ausnahme von Nr. 1 und 2 wurden sämliche Aufnahmen mit einer Sample-Frequenz von 96 kHz und einer Sample-Auflösung von 24 Bit als WAV-Dateien vorgenommen. Die MP3-Dateien wurden aus Platzgründen auf 44,1 bzw. 11,025 kHz und 16 Bit heruntergesampelt. Bei den verlangsamten Aufnahmen wurde die Abspielgeschwindigkeit durch Änderung der Sample-Frequenz von 96 kHz auf 6 kHz auf 1/16 der Originalgeschwindigkeit reduziert. Die anklickbaren Links in den Spalten "Ort" und "Empfänger" verweisen auf Detailbeschreibungen weiter unten auf dieser Seite.
Nr. | Datum und Zeit | Ort | Empfänger | Audio-Aufnahme | Bemerkung |
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1 | 22.12.2016 13:00 | Feld hinten | Elektretmikrofon-FET-Antenne |
Original: Verlangsamt: |
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2 | 22.12.2016 13:07 | Feld hinten | Elektretmikrofon-FET-Antenne |
Original: Verlangsamt: |
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3 | 22.12.2016 13:08 | Feld hinten | Elektretmikrofon-FET-Antenne |
Original: Verlangsamt: |
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4 | 22.12.2016 13:23 | Feld hinten | Zweikanal: links Atmospherics Monitor, rechts VLF-Empfänger |
Original: Verlangsamt: |
Bei den zweikanaligen, verlangsamten Aufnahmen ist der Klang manchmal sehr "räumlich", was wohl mit der Phasenverschiebung zwischen beiden Feldkomponenten (magnetisch und elektrisch) zusammenhängt. Tatsächlich sind beide Signale gegen Ende hin leicht phasenverschoben, manche sogar gegenphasig. |
5 | 22.12.2016 13:28 | Feld hinten | Zweikanal: links Atmospherics Monitor, rechts VLF-Empfänger |
Original: Verlangsamt: |
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6 | 22.12.2016 13:50 | Feld Mitte | VLF-Empfänger |
Original: Verlangsamt: |
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7 | 22.12.2016 14:26 | Rodelhügel oben | VLF-Empfänger |
Original: Verlangsamt: |
Während der ersten ca. 18 Sekunden der Aufnahme in Originalgeschwindigkeit hört man die elektrischen Entladungen der Schritte zweier Personen, die in ca. 1 m Abstand an mir vorbeigingen. |
8 | 22.12.2016 14:47 | Rodelhügel unten | VLF-Empfänger |
Original: Verlangsamt: |
Der Hügel scheint die elektrischen Störfelder abzuschirmen, weswegen der Pegel der Storgeräusche hier etwas geringer ist. |
9 | 22.12.2016 14:58 | Rodelhügel unten | Elektretmikrofon-FET-Antenne |
Original: Verlangsamt: |
Auch hier sind auf der Aufnahme in Originalgeschwindigkeit etwa von Sekunde 16 bis 25 die elektrischen Entladungen der Schritte einer in ca. 2 m Abstand an mir vorbeigehenden Person zu hören. |
Die Aufnahmen wurden im nördlichen Teil von 85540 Haar vorgenommen. Die einzelnen Orte wurden auf den folgenden Karten gekennzeichnet:
Für alle Aufnahmen wurden die nachfolgend aufgeführten Empfänger an den Mikrofoneingang eines digitalen Audiorecorders (Roland R-05) angeschlossen.
Dieser Empfänger besteht aus einer Ferritantenne zum Empfang der magnetischen Feldkomponente, einem NF-Verstärker mit niedriger Eingangsimpedanz und einigen Tief- und Hochpässen. Mit Hilfe der richtungsempfindlichen Ferritantenne können Störungen von Hochspannungsleitungen etc. durch Drehen des Gerätes minimiert werden.
Bei diesem Einfachst-VLF-Empfänger handelt es sich um eine kleine Teleskopantenne von 48 cm Länge, die über einen Kondensator von 0,5 pF an den Gate-Anschluss des Feldeffekttransistors (FET) aus einer "geschlachteten" Elektret-Kapsel gelötet wurde. Er dient zum Empfang der elektrischen Feldkomponente.
Dieser Empfänger verfügt über eine Teleskopantenne von 120 cm Länge, eine FET-Eingangsstufe zur Impedanzanpassung und einige Filter aus Operationsverstärkern zur Reduzierung von Störfrequenzen. Auch er empfängt die elektrischen Feldkomponente.
An den Ausgang kann entweder ein Kopfhörer oder ein Audiorecorder angeschlossen werden. Das Aluminiumgehäuse des Empfängers ist zusätzlich mit einer Metallbuchse zum Anschluss eines Erdungsblechs versehen. Dieses kann während der Aufnahme in den Erdboden gesteckt werden, um eine höhere Feldstärke zu erzielen. In der Regel genügt es jedoch, das Gerät in der Hand zu halten.
Über ein speziell angefertigtes Audiokabel wurde der Atmospherics Monitor an den linken und der VLF-Empfänger an den rechten Kanal des Mikrofoneingangs des Audiorecorders angeschlossen. So wird ein direkter Vergleich der magnetischen mit der elektrischen Feldkomponente des empfangenen Signals ermöglicht.
Zweikanal-Aufnahme |
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Obwohl die nächsten Hochspannungsleitungen mehrere km vom Empfangsort entfernt verliefen (die Oberleitung der S-Bahn war 2,5 km entfernt) (siehe Bild "Stromleitungen" unten), war ein störungsfreier Empfang atmosphärischer Aktivitäten aufgrund vielfältiger technischer Störquellen kaum möglich (siehe Bild "Störfrequenzen" unten). Eine nachträgliche Filterung der Aufnahmen per Software kann daher manchmal sinnvoll sein – vor allem dann, wenn die Aufnahmen verlangsamt werden und dadurch hochfrequente Störsignale in den hörbaren Frequenzbereich verschoben werden. Die hier gezeigten Filter-Beispiele beziehen sich auf die Audio-Bearbeitungs-Software "Adobe Audition 1.0".
Wichtig: Filter sollten grundsätzlich nur sparsam angewendet werden, denn je mehr Frequenzanteile aus dem Signal herausgefiltert werden, umso mehr wird auch das Nutzsignal beeinträchtigt und somit verfälscht.
Nachfolgend eine Auflistung möglicher Störungen und Maßnahmen zu deren Reduzierung:
Vor allem bei Verwendung der Elektretmikrofon-FET-Antenne, die im Gegensatz zum VLF-Empfänger über keinerlei Filterstufen verfügt, war auf den Aufnahmen ein starkes 50-Hz-Netzbrummen inklusive Oberwellen bis ca. 1 kHz präsent.
Zusätzlich zum Netzbrummen wurde ein starkes hochfrequentes Dauerpfeifen im Frequenzband zwischen etwa 17 und 25 kHz empfangen, das zwar bei Normalgeschwindigkeit nicht weiter stört, da es außerhalb des für Menschen wahrnehmbaren Frequenzbereichs liegt (jedenfalls bei mir), das aber nach Verlangsamen der Aufnahme (in Audition mittels "Edit > Adjust Sample Rate...") in den hörbaren Bereich rückt und dann extrem störend wirkt. Vermutlich handelt es sich bei diesen Signalen um VLF-Sender zur U-Boot-Kommunikation wie z.B. die Marinefunksendestelle Rhauderfehn, die auf 23,4 kHz sendet, was auch dem stärksten der empfangenen Signale in diesem Frequenzbereich entspricht (weitere Frequenzen von VLF-Sendern sind hier aufgelistet).
Ebenfalls nur bei verlangsamter Abspielgeschwindigkeit hörbar (leise zwar, aber trotzdem störend) ist eine regelmäßig wiederkehrende Folge aus 4 Tönen: 12500 Hz – 15625 Hz – 13281 Hz – 12695 Hz:
verlangsamtes Tonbeispiel
Jeder Einzelton dauert ca. 0,386 Sekunden und erfolgt alle 0,6 Sekunden. Die gesamte Tonfolge wiederholt sich etwa alle 3,6 Sekunden. Vermutlich handelt es sich hierbei um Signale des russischen Funknavigationssystems "Alpha" (siehe dazu auch diesen Artikel).
Auch digitale Audiorecorder können elektrische Störfelder verursachen, die von den empfindlichen VLF-Empfängern empfangen werden können. Vor allem LC-Displays senden breitbandige Störsignale aus, die sich auf der Aufnahme als "Knattern" manifestieren.
Mitgeführte elektronische Geräte (Handys, Smartphones) sollten während der Aufnahme ausgeschaltet werden. Selbst wenn das Smartphone in den "Flugzeugmodus" geschaltet wird, sendet es noch Störfrequenzen aus, was sich leicht durch Annähern der Antenne an das Gerät feststellen lässt.
Links
(Stand: 31.12.2016)
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